LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2481

 

26.03.2013

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 903 vom 18. Februar 2013

des Abgeordneten Dirk Schatz   PIRATEN

Drucksache 16/2086

 

 

 

Konkretisierende Nachfrage zur Antwort der Landesregierung (Drucksache 16/2055) auf die Kleine Anfrage 826 (Drucksache 16/1896) – Bezahlung von V-Personen

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 903 mit Schreiben vom 26. März 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Wie Innenminister Ralf Jäger in der Antwort auf die Kleine Anfrage „Bezahlung von V-Personen“ mitteilte, werden die durch die Polizeibehörden NRW gezahlten Entlohnungen an Vertrauenspersonen und Informanten gesammelt versteuert. Das Landeskriminalamt überweist die sich aus den Zahlungen ergebende Steuerschuld daraufhin an die zuständige Finanzkasse. Zudem erklärte der Innenminister, dass die V-Personen und Informanten, die Sozialleistungen erhalten, zur Erteilung von Auskünften betreffend Einkommen und Vermögen gesetzlich verpflichtet sind. Es besteht konkreter Nachfragebedarf.

 

 

Vorbemerkung der Landesregierung:

 

Die Polizei ist gesetzlich zur Abwehr von Gefahren sowie zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten verpflichtet. Dies kann in den Fällen, in denen Gefahrenverursacher bzw. Straftäter konspirativ agieren, auch den Einsatz von Vertrauenspersonen oder die Inanspruchnahme von Informanten erfordern. Insbesondere besonders gefährliche und sozialschädliche Kriminalitätsbereiche, in denen allgemeine Ermittlungsmöglichkeiten nicht erfolgreich angewendet werden können, wären ohne den Einsatz polizeilicher Vertrauenspersonen oder die Informationen von Informanten der Strafverfolgung weitgehend entzogen. Solche Straftaten könnten bei Verzicht auf solche Maßnahmen nicht mehr im möglichen Umfang beweissicher aufgeklärt und kriminelle Organisationen nicht mehr wirkungsvoll bekämpft werden.

 

Die Bedeutung insbesondere des Einsatzes von Vertrauenspersonen für die Aufklärung schwerwiegender Straftaten verdeutlichen folgende Beispiele:

 

-        Ausschließlich durch den Einsatz einer Vertrauensperson konnte eine Serie bewaffneter Raubstraftaten aufgeklärt und die Täter, die daraufhin rechtskräftig zu Freiheitsstrafen von bis zu 8 Jahren verurteilt wurden, festgenommen werden.

-        Durch den Einsatz einer Vertrauensperson konnte eine Tätergruppe des international organisierten Betäubungsmittelhandels festgenommen und mehrere Kilogramm Rauschgift sichergestellt werden. Die Täter wurden rechtskräftig zu Freiheitsstrafen von bis zu 8 Jahren verurteilt.

 

 

1.       Auf welcher gesetzlichen Grundlage basiert der Ausnahmetatbestand einer Pauschalversteuerung von Honoraren für V-Personen und Informanten, insbesondere im Hinblick auf eine Ausnahme von der individuellen Steuerfestsetzung zur Durchsetzung des gegen diese Personen individuell bestehenden Steueranspruches? Im Hinblick auf diese Fragestellung interessiert es mich insbesondere, wie hoch der in Frage stehende Steuersatz für die pauschale Versteuerung von Honoraren für V-Personen und Informanten seit 1994 war bzw. aktuell ist.

 

Durch Vertrauenspersonen für ihren Einsatz vereinnahmte Entlohnungen sind einkommensteuerpflichtige Einkünfte. Grundlage der Versteuerung ist somit das Einkommensteuergesetz. Unabhängig von der konkreten Qualifizierung dieser Vergütungen als Einkünfte z. B. aus Gewerbebetrieb oder sonstige Einkünfte werden diese im Ergebnis seit 50 Jahren bundeseinheitlich in der Weise versteuert, dass pauschal zehn Prozent der gezahlten Entlohnungen einbehalten und in Nordrhein-Westfalen durch das Landeskriminalamt NRW an die zuständigen Finanzkassen abgeführt werden.

 

Die Durchsetzung des gegenüber diesem Personenkreis bestehenden Steueranspruchs durch individuelle Steuerfestsetzung ist aufgrund der erforderlichen Geheimhaltung nicht möglich.

 

 

2.       Wie wird nach Kenntnis der Landesregierung sichergestellt, dass V-Personen und Informanten, die Sozialleistungen beziehen, Auskünfte betreffend der Höhe ihrer Einkommensbezüge aus V-Personentätigkeiten korrekt angeben bzw. dies überhaupt können, wenn diese Informationen der Geheimhaltung unterliegen?

(Konkreter: Werden V-Personen oder Informanten beispielsweise explizit darüber belehrt, dass sie diese Einnahmen anzugeben haben oder wurden und werden V-Personen und Informanten, die Leistungen nach dem SGBII beantragen oder erhalten, in bestimmten Fällen vielleicht sogar aufgefordert oder in sonstiger Art und Weise (auch unverbindlich) darauf hingewiesen, ihre Einkünfte aus ihrer Nebentätigkeit möglichst nicht anzugeben?)

 

Nach Maßgabe der mit Erlass auch in NRW in Kraft gesetzten bundeseinheitlichen "Allgemeinen Grundsätze zur Bezahlung von V-Personen und Informanten" sind Vertrauenspersonen bzw. Informanten über eine Anzeigepflicht gegenüber Sozialleistungsträgern zu belehren.

 

3.       Nach § 60 I SGB II ist, wer Leistungen erbringt, die geeignet sind, die SGB-II-Leistungen auszuschließen oder zu mindern, verpflichtet, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist. Wie viele diesbezügliche Anfragen/Rückfragen der Jobcenter beim Innenministerium bzw. Auskünfte hat es nach Kenntnis der Landesregierung seit 2005 gegeben?

 

Hierzu liegen der Landesregierung mangels statistischer Erfassung keine Erkenntnisse vor.

 

 

4.       Hat die Landesregierung Kenntnis über andere „Gegenleistungen“ für Informationen von V-Personen und Informanten, wie etwa das Entgegenkommen im eigenen Strafverfahren oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung bei Ausländern (bitte einzeln auflisten für die Jahre 2007 bis 2012)?

 

Bekannt gewordene Straftaten werden durch die Strafverfolgungsbehörden konsequent verfolgt. Im Übrigen orientiert sich die Höhe der Strafzumessung − unabhängig davon, ob die angeklagte Person zuvor zur Aufklärung von Straftaten anderer Personen durch die Polizei aus Anlass anderer Straftaten als Vertrauensperson eingesetzt oder als Informant in Anspruch genommen wurde − an den jeweils einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und ist ausschließlich durch das jeweils erkennende Gericht zu bemessen.

 

Die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels obliegt den kommunalen Ausländerbehörden. Im Einzelfall kann es im Interesse erfolgreicher Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr erforderlich sein, den Aufenthaltstitel einer polizeilichen Vertrauensperson zu verlängern. In diesen Fällen informiert die jeweilige Polizeibehörde vertraulich die zuständige kommunale Ausländerbehörde. Diese trifft dazu ihre Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Güterabwägung zwischen dem Interesse des Staates an der Durchführung Aufenthalt beendender Maßnahmen und dem Interesse des Staates an der erfolgreichen Abwehr gravierender Gefahren bzw. an der erfolgreichen Bekämpfung schwerwiegender Straftaten.

 

Die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels für Vertrauenspersonen oder Informanten als immaterieller Vorteil im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht.

 

 

5.       Ist es der Landesregierung möglich, die in der Drucksache 16/2055 auf Grund des polizeilichen Geheimschutzes nicht genannten Daten den Mitgliedern des Landtages in nichtöffentlicher Weise bekannt zu geben? Falls ja, bitte ich, dies zu tun.

 

Der Landesregierung ist es möglich, dem Innenausschuss in einer nicht-öffentlichen Sitzung die nachgefragten Daten vorzutragen.