LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2437

 

20.03.2013

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 871 vom 31. Januar 2013

des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder  PIRATEN

Drucksache 16/2021

 

 

Möglicher Export von Atommüll aus NRW ins Ausland

 

 

Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 871 mit Schreiben vom 20. März 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales, dem Minister für            Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet.

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Am 4. Januar 2013 berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass die Bundesregierung in der Novellierung des Atomgesetzes unter anderem plant, den Export von deutschem Atommüll zur Endlagerung im Ausland ausdrücklich zu erlauben. Wenige Tage später ruderte die Bundesregierung ein wenig zurück, doch noch gibt es keine Klarheit über die tatsächliche Novelle des Atomgesetzes.

 

Gerade die Atomanlagen in NRW und der hier lagernde Atommüll könnten von dieser Gesetzesnovelle intensiv betroffen sein, weil NRW über große Mengen an hochproblematischem Atommüll verfügt, dessen Endlagerung völlig ungeklärt ist.

 

So wurden bis 2009 bereits 30 000 Tonnen Uranmüll unter Umgehung der bestehenden rechtlichen Vorschriften im Atomgesetz von der Urananreicherungsanlage in Gronau zur Endlagerung nach Russland gebracht. Nach jahrelangen Protesten russischer und deutscher Umweltschützer gab die Betreiberin der Urananreicherungsanlage in Gronau, die Urenco, diesen Atommüllexport auf. Stattdessen wird derzeit in Gronau ein Zwischenlager für bis zu 60 000 Tonnen Uranoxid errichtet. Doch die Endlagerung bleibt ungeklärt. In Großbritannien wird bereits mit einer Zwischenlagerung des Uranmülls von 100 Jahren gerechnet. Der in den Genehmigungsverfahren immer wieder erwähnte Salzstock in Gorleben ist ungeeignet und die Endlagersuche soll noch einmal von vorne beginnen.

 

Ebenfalls ungeklärt ist die sichere Endlagerung der 300 000 hochradioaktiven AVR-Brennelementkugeln im Forschungszentrum Jülich sowie der Verbleib der mehr als 600 000 hochradioaktiven THTR-Brennelementkugeln im Zwischenlager Ahaus sowie der 18 Rossendorfer Castor-Behälter im Zwischenlager Ahaus. Während sich die NRW-Landesregierung 2010 erfolgreich gegen einen Export der 18 Rossendorfer Castoren von Ahaus ins russische Majak ausgesprochen hat, fordert sie seit dem Sommer 2012 zusammen mit der Bundesregierung den Export der Jülicher Brennelementkugeln in die USA.

 

Auch ungeklärt ist die sichere Endlagerung des schwach- und mittelradioaktiven Atommülls im Zwischenlager Ahaus. Nachdem sich die Inbetriebnahme des Schacht Konrad aufgrund der grundsätzlichen Nicht-Eignung der Schachtanlage auf unbestimmte Zeit verschoben hat, ist ein dauerhafter Verbleib des Atommülls in Ahaus nicht mehr auszuschließen. Gleiches gilt auch für den in Duisburg konditionierten Atommüll.

 

 

Vorbemerkung der Landesregierung

 

Der Fragesteller spricht in seiner Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage 871 verschiedene atomrechtliche Sachverhalte an. Zur besseren Beantwortung der Kleinen Anfrage werden den Antworten folgende Vorbemerkungen der Landesregierung vorangestellt:

 

Bei den bis 2009 von der Urenco-Gruppe zwecks Weiterabreicherung in Russland durchgeführten Exporten lag kein Verstoß gegen nationales Recht bzw. internationale Standards oder Verpflichtungen vor.

 

Die mögliche Rückführung der AVR-Brennelemente in das Herkunftsland USA ist keine Forderung der Landesregierung. Die Landesregierung begrüßt allerdings die Rückführung der AVR-Brennelemente in das Ursprungsland als Teil der weltweiten Initiative zur Umstellung von Forschungsreaktoren von hoch auf niedrig angereicherte Brennelemente und deren Rückführung in das Ursprungsland der Brennelemente im Sinne der Non-Proliferation.

Diese Rückführung ist sowohl unter dem geltenden deutschen Atomrecht als auch unter der bis zum August dieses Jahres in nationales Recht umzusetzenden EU-Richtlinie 2011/70/Euratom vom 19. Juli 2011 möglich.

 

Für die Endlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle ist die Schachtanlage Konrad mittlerweile planfestgestellt. Der Landesregierung liegen keine Informationen vor, dass die in Nordrhein-Westfalen lagernden schwach- und mittelradioaktiven Abfälle nicht in der Schachtanlage Konrad endgelagert werden können. Somit ist auch nicht von einem dauerhaften Verbleib der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in Ahaus oder Duisburg auszugehen.

 

 

1.         Wie bewertet die Landesregierung die von der Bundesregierung geplante Legalisierung von Atommüllexporten?

 

Die Landesregierung hat bereits im Rahmen der Bundesratsbefassung zum Entwurf eines „Gesetzes zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanlage Asse II“ einen Beschluss des Bundesrates unterstützt, der die Bundesregierung auffordert, dafür Sorge zu tragen, dass die aus der Schachtanlage Asse II geborgenen radioaktiven Abfälle ebenso wie andere einer Endlagerung im Inland zugeführt werden und eine Verbringung ins Ausland kategorisch ausgeschlossen wird (BR-Drs. 795/12 (B)).

 

 

2.         Stimmt die Landesregierung der Befürchtung zu, dass die jetzt geplante Legalisierung von Atommüllexporten konkret auch der Legalisierung von Uranmüllexporten aus Gronau sowie der Brennelementkugeln aus Jülich bzw. Ahaus dienen soll?

 

Nein. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

 

 

3.         Hat die Bundesregierung bzw. ein beteiligtes Unternehmen der Atomindustrie diesbezüglich Kontakt mit der Landesregierung aufgenommen?

 

Nein.

 

 

4.         Wird die Landesregierung versuchen, z. B. über eine Bundesratsinitiative die Legalisierung von Atommüllexporten politisch zu stoppen?

 

Die Landesregierung wird darüber entscheiden, wenn der Entwurf für ein Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes von der Bundesregierung dem Bundesrat zur Beratung vorgelegt wird. Die dann vorgelegte Fassung wird kritisch zu prüfen sein.

 

 

5.         Wie bewertet die Landesregierung derzeit angesichts der massiven Probleme der deutschen Endlagerprojekte die Endlagerungsfrage für den in NRW an verschiedenen Standorten lagernden bzw. u. a. in der Urananreicherungsanlage Gronau stetig neu anfallenden Atommüll (bitte je nach Standort und Art des Atommülls beantworten)?

 

Die Landesregierung bewertet die derzeitigen Konsensgespräche von Bund und Ländern über ein Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle (Standortauswahlgesetz) positiv. In den darin vorgesehenen Auswahlverfahren wird auch der Umfang der bereits angefallenen sowie der noch zukünftig anfallenden insbesondere Wärme entwickelnden radioaktiven Abfälle zu berücksichtigen sein.

Hinsichtlich schwach– und mittelradioaktiver Abfälle wird auf die Vorbemerkung verwiesen.