LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2333

 

18.03.2013

 

 

Neudruck

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 895 vom 13. Februar 2013

des Abgeordneten Dirk Schatz   PIRATEN

Drucksache 16/2069

 

 

 

Werden freigestellte Personalratsmitglieder bei ihrer beruflichen Entwicklung benachteiligt?

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 895 mit Schreiben vom 18. März 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Die vielfältigen Änderungen und Ergänzungen des Landespersonalvertretungsgesetzes haben zu einem Aufgabenzuwachs für Personalräte geführt. Mit Hilfe von verstärkten Mitbestimmungsrechten wird die Einhaltung von Gleichbehandlungsgeboten, Diskriminierungsverboten sowie gesetzlichen und tarifrechtlichen Regelungen kontrolliert. Zur Erfüllung dieser Aufgaben werden motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen benötigt, die von ihrer dienstlichen Tätigkeit ganz oder teilweise freigestellt werden (§ 42 Abs. 3 LPVG). Bei der beruflichen Förderung freigestellter Personalratsmitglieder treten jedoch immer wieder Schwierigkeiten auf.

 

Das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 iVm § 42 Abs. 3 LPVG NRW, wonach die Freistellung keine Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs nach sich ziehen darf, wird in der Praxis oftmals umgangen. Wegen des Benachteiligungsverbots müsste der Dienstherr dem Personalratsmitglied dabei eine berufliche Entwicklung zukommen lassen, wie sie ohne Freistellung verlaufen wäre. Das Personalratsmitglied gerät jedoch in Konflikt mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit, wenn z.B. auf einer Erprobungszeit als unverzichtbares Erfordernis des Laufbahnrechts bestanden wird. Genau vor einer solchen Konfliktlage soll das Benachteiligungsverbot nämlich schützen. Das Personalratsmitglied soll sich seinem Amt ohne die Gefahr persönlicher Benachteiligung widmen können und der Dienststellenleiter darf auf Grund eines solchen Konfliktes nicht auf die Zusammensetzung des Personalrates Einfluss zu nehmen.

 

Auf Grund der Änderung der Stellenausweisung im Landeshaushalt, werden nunmehr keine LPVG-Stellen in den einzelnen Besoldungsgruppen gesondert ausgewiesen. Dies hat zur Folge, dass Freigestellte gegenüber „aktiven“ Bewerbern benachteiligt werden. Für Fremdbewerber ist die Situation oftmals noch schwieriger. Im Justizvollzug z.B. gibt es kein einheitliches End-Spitzenamt. Die End-Spitzenämter befinden sich beim allgemeinen Vollzugsdienst in der Regel bei A 9 mit Amtszulage, andere in A 10 und einige wenige in A 11. Aus diesem Grunde kann ein überörtlicher Freigestellter, z.B. im Hauptpersonalrat oder der Hauptschwerbehindertenvertretung, nur im Wege einer Fremdbewerbung das Spitzenamt erlangen. Eine rechtlich vorgesehene Einreihung in eine sog. Vergleichsgruppe, wird jedoch bei überörtlich Freigestellten oftmals nicht vorgenommen, da die Behördenleiter kein Interesse an einem Fremdbewerber haben.

 

Benachteiligungen von Personalratsmitgliedern sind jedenfalls unzulässig. Eine finanzielle Schlechterstellung freigestellter Mitglieder von Personalvertretungen wäre nämlich geeignet, qualifizierte Personen von der Wahrnehmung eines solchen Amts abzuhalten. Damit würde nicht nur die jeweilige Personalvertretung als solche, sondern die Institution Personalvertretung insgesamt geschwächt.

 

 

Vorbemerkung der Landesregierung

 

Dass Personen, die Aufgaben nach dem LPVG wahrnehmen, darin nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit auch in ihrer beruflichen Entwicklung nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen, ergibt sich aus § 7 Absatz 1 in Verbindung mit § 42 Absatz 3 LPVG. Die Regelung des § 7 LPVG ist bei der Novelle des LPVG im Jahr 2007 als eine bis zur Föderalismusreform 2006 anzuwendende rahmenrechtliche Regelung des Bundespersonalvertretungsgesetzes in das LPVG übernommen worden. Entsprechend enthalten sowohl das Bundesrecht als auch die Personalvertretungsgesetze der Länder weitgehend gleichlautende Regelungen. Dazu besteht weiter eine umfangreiche, auch höchstrichterliche Rechtsprechung. Im Übrigen gilt der verfassungsrechtliche Grundsatz, dass öffentliche Ämter nach dem allgemeinen Leistungsgrundsatz des Art. 33 Absatz 2 GG vergeben werden.

 

 

1.         Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, dass ganz oder teilweise freigestellte Personalratsmitglieder bei ihrer beruflichen Entwicklung benachteiligt werden?

 

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass ganz oder teilweise freigestellte Personalratsmitglieder bei ihrer beruflichen Entwicklung benachteiligt werden, im Übrigen Siehe Vorbemerkung.

 

 

2.       Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der in der Praxis stattfindenden Ungleichbehandlung von freigestellten Personalratsmitgliedern?

 

Siehe Antwort zur Frage 1 und Vorbemerkungen.

 

 

3.       Welche Schritte sind aus Sicht der Landesregierung notwendig, um zu verhindern, dass freigestellte Personalratsmitglieder gegenüber ihren "aktiven" Kollegen benachteiligt werden?

 

Siehe Antwort zur Frage 1 und Vorbemerkungen.

 

 

4.       Welche Gründe haben dazu geführt, die im Landeshaushalt ausgewiesenen LPVG-Stellen zu streichen?

 

Die sogenannten „LPVG-Stellen“ wurden im Landeshaushalt nicht ge­strichen. Vielmehr wurden die kw-Vermerke „aufgrund § 42 LPVG/§ 96 SGB IX“ mit dem Haushalt 2010 zur Bereinigung der kw-Statistik gestrichen, so­dass die Stellen dauerhaft im Haushalt ausgewiesen werden. Die vor­genannten kw-Vermerke wurden in der Vergangenheit neuen Stellen zur Seite gestellt, die als Ausgleich für die Freistellung von Mitgliedern des Personalrates bzw. der Schwerbehindertenvertretung und zur Vermeidung von Arbeits­verdichtung geschaffen worden waren. Die dauerhafte Belegung dieser Er­satzstellen mit kw-Vermerken wurde mit dem Haushalt 2010 aufgehoben, da ein Abbau dieser Stellen letztlich nicht vorgesehen war.

Um die im Stellensoll des Haushalts enthaltenen „LPVG-Stellen“ trotzdem kenntlich zu machen, ist die Gesamtzahl der Ersatzstellen nach

§ 42 LPVG/ § 96 SGB IX in jedem Einzelplan unter der im Vorwort enthaltenen Personalsollübersicht nachrichtlich zu dokumentieren.